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Druckkammer Passieren trotz aller Vorsicht und allem technischen Standard trotzdem Tauchunfälle, ist es an der Zeit, an eine Behandlung in einer Taucherdruckkammer zu denken. Diese Druckkammern sind natürlich keine reinen Taucherkammern, sondern werden in der Medizin vielfältig genutzt. Geschichte der HBO (Hyperbare Sauerstofftherapie) Der Einsatz von Überdruck in der Medizin ist nicht neu. Bereits 1834 fand die erste Druckkammerbehandlung mit 2 bar statt. Ab 1904 wurde Sauerstoff in diese Therapieform integriert, und seitdem wurde die Überdrucktherapie
laufend verbessert. Mitte der fünfziger Jahre wurden in den Niederlanden erste Operationen am offenen Herzen unter hyperbaren Bedingungen durchgeführt. Diese Technik geriet mit der Entwicklung der Herz-Lungen-Maschine jedoch
wieder in Vergessenheit. Obwohl im europäischen Ausland die HBO (hyperbare Oxygenation = Hyperbare Sauerstofftherapie) als Behandlungsmethode anerkannt und erforscht wird, fristete sie in Deutschland bis vor wenigen Jahren ein weitgehend kümmerliches
Dasein. Auch heute sind längst nicht alle Ärzte mit der Thematik vertraut. Dies liegt hauptsächlich daran, dass die HBO nicht in der fachärztlichen Weiterbildung vorgesehen ist. Studien im Ausland, speziell in den Niederlanden und den USA, haben klar bewiesen, dass die HBO eine alternative Behandlungsmethode ist, die - zum rechten Zeitpunkt eingesetzt - nicht nur äußerst effektiv ist, sondern auch Kosten spart. Leider haben sowohl das Bundesgesundheitsministerium als auch die Krankenkassen diese Studien für nicht relevant erklärt und die HBO vorläufig aus den Kassenleistungen gestrichen, und zwar auch dann, wenn sie absolut lebensnotwendig ist, so wie im Falle einer Dekompressionskrankheit. Einzige Ausnahme: Stationäre Behandlungen werden bezahlt. Vgl. dazu auch den in Redaktionsausgabe 4 erschienen Beitrag zum Thema Tauchversicherung. HBO - was ist das? Die hyperbare Oxygenation ist eine medizinische Therapieform, bei der ein Patient unter Überdruckbedingung, d. h. bei Umgebungsdruck größer als 1 Bar, reinen Sauerstoff atmet. Das Prinzip basiert auf physikalischen und physiologischen Grundlagen, vor allem auf dem Gesetz von Henry, welches besagt, dass sich in Flüssigkeiten unter höherem Druck mehr Gas lösen kann. Bei der Atmung von Atemluft von 1 bar (= normobar) beträgt der Partialdruck des Sauerstoffs 0,21 bar. Studien haben gezeigt, dass ein Therapieerfolg erst dann eintritt, wenn der O2-Partialdruck im Blut 1 bar überschreitet. Bei
einer Druckkammerbehandlung unter Pressluft wird dieser Wert erst bei 5 bar erreicht. Aufgrund der zu erwartenden Nebenwirkungen (CO2-Vergiftung, Stickstoffaufsättigung, je nach Art der Verletzung starke
Herz-Kreislauf-Belastung) wurde dieses Verfahren rasch durch die Behandlung mit reinem Sauerstoff abgelöst.
Indikationen Für folgende Erkrankungen kann die HBO-Therapie angewandt werden (Auszug der wichtigsten):
Tatsache ist, dass Tauchunfälle nur einen kleinen Teil der HBO-Behandlungen ausmachen. Der weitaus größere Anteil liegt im chirurgischen, internistischen, neurologischen und otologischen Bereich. Einige Beispiele der Wirkmechanismen: Die Heilung/Abschwellung von Organen/Gewebsbereichen, die durch Ischämien (Blutleere eines Organs/einer Gewebezone durch Embolien, Quetschungen, Verbrennungen etc.) geschädigt sind. Bei frischen Verbrennungen wird durch die HBO
die Ödembildung gehemmt bzw. ein bereits bestehendes Ödem zurückgebildet. Hyperbarer Sauerstoff versorgt Gewebe, das mit O2 unterversorgt ist, und führt so zu einer beschleunigten Wundheilung, was mit geringerer Narbenbildung
verbunden ist; außerdem wird die Infektionsabwehr gestärkt. ·Sauerstoffangereichertes Blut verbessert die Regenerationsfähigkeit von Organtransplantaten. Da bei einem transplantierten Organ die feinsten Blutgefäße unterbrochen wurden, kann es in einzelnen Bereichen zu einer O2-Unterversorgung kommen, die bis hin zur Abstoßung des Organs führt. ·Bei der Rauchvergiftung wird die Ausscheidung von Kohlenmonoxid und -dioxid, bei einer Dekompressionskrankheit von Stickstoff aus Geweben und Blut beschleunigt. Außerdem wird die Ödembildung vermieden oder verringert. An bakteriell infizierten Körperteilen werden die antibakteriellen Leistungen der Leukozyten gefördert, bei Gasbrand wird die Toxinproduktion gemindert oder gar gestoppt, sofern es sich um anaerobe (Luftlosigkeit bevorzugende)
Bakterien handelt. Diese Therapie kann u. U. also sogar extremitäterhaltend sein, weil sich eine Amputation erübrigt. ·Bei Tinnitus, Hörsturz oder einem Innenohr-Knalltrauma werden einige wichtige Bereiche des Innenohrs nicht ausreichend durchblutet. Auch hier schafft die HBO Abhilfe. Bedeutung beim Tauchen Dekompressionskrankheit (DCS) Tauchen hat sich in den letzten Jahren zu einer regelrechten Breitensportart entwickelt. Dies hatte vermehrt Tauchunfälle zur Folge. Die häufigste Konsequenz nach einem Tauchunfall ist die DCS, eine Erkrankung, bei der das im Blut physikalisch gelöste Stickstoff bei zu raschem Druckverlust ausperlt und Blasen bildet. Diese Blasen können dann zu einer arteriellen Gasembolie oder zu regionalen Nervenschäden führen. Je nach Schwere des Unfalls kann "nur" die Haut oder die großen Gelenke betroffen sein; im schlimmsten Fall führt eine DCS zu einer Querschnittlähmung oder gar zum Tod! Die einzige Behandlungsmöglichkeit ist die Rekompression in einer Druckkammer. Zur Beschleunigung der Ausscheidung von im Körper angereichertem Stickstoff findet dies unter Sauerstoffatmung statt. Gleichzeitig wird die
Blutversorgung geschädigter Organe optimiert. Das Schema einer Überdruckbehandlung richtet sich nach Art und Schwere des Unfalls. Dazu werden vom Schifffahrtsmedizinischen Institut Kronshagen modifizierte US-Navy-Tabellen verwendet. Unter Umständen muss die Therapie bis zum Erreichen vollständiger Beschwerdefreiheit mehrfach wiederholt werden. Arterielle Gasembolie (AGE) Unter der HBO werden Mikroblasen einer arteriellen Gasembolie, die die Blutzirkulation (besonders im Mikrobereich) einschränken, verkleinert und so die Versorgung des Gewebes wieder hergestellt. Je nach Lage des verschlossenen Gefäßes kann dies lebensrettend sein, da die AGE die gleichen Schäden verursacht wie ein Herzinfarkt, Schlaganfall oder eine Lungenembolie. Der einzige Unterschied besteht darin, dass es sich bei der AGE um Gasblasen handelt, die das Gefäß verschließen, und nicht um Blutgerinnsel wie bei den vorgenannten. Barotrauma der Lunge Im Gegensatz zur DCS tritt das Lungenbarotrauma unabhängig von Tauchzeit und -tiefe auf. Wenn zum Beispiel beim Auftauchen die Luft angehalten wird oder es zu einem Stimmritzenkrampf kommt, kann ein Lungenriss die Folge sein.
Durch den Druckabfall der Umgebung dehnt sich die Lunge im Brustkorb aus, die Lungenbläschen werden überdehnt, schließlich tritt Luft durch feinste Risse, die sich u. U. schnell vergrößern können, in die Lungenkapillaren
und/oder das Mediastinum ein (Mediastinalemphysem). Reißt die Lunge an der äußeren Thoraxwand, dringt Luft in den Pleuraspalt ein. Das zum Atmen notwendige Vakuum, welches die Lungenflügel gebläht hält, wird aufgehoben, die
Lunge kollabiert (Pneumothorax). Eine Thoraxdrainage führt wieder zur Entfaltung der Lunge, die Druckkammerbehandlung zur Rückbildung des Emphysems und Ödems. Vorbereitung einer HBO Wichtig ist, dass bei allen Patienten einige grundlegende Faktoren geprüft werden, ehe eine HBO beginnt:
Absolute Kontraindikationen sind:
Relative Kontraindikationen sind:
Durchführung einer HBO Grundsätzlich muss man Ein- und Mehrpersonenkammern unterscheiden. Erstere kommen selbstverständlich nur für Patienten in Frage, die nicht lebensbedrohlich erkrankt sind, da eine Notfallversorgung nicht gewährleistet ist. Mehrpersonenkammern können bis zu zwölf Personen aufnehmen, die den Sauerstoff über eine Maske verabreicht bekommen. Über eine Schleuse können jederzeit weitere
Personen die Kammer betreten, verlassen oder Notfallinstrumente eingeschleust werden. Je nach Erkrankung werden verschiedene Druck-Zeit-Profile angewandt. Alle 20-30 Minuten wird die Sauerstoffzufuhr durch Luftatmungspausen, sogenannte Air-Breaks, unterbrochen, um eine Sauerstoffvergiftung des zentralen Nervensystems zu vermeiden, die zu Krampfanfällen führen könnte. Während der regulären Behandlung hat der Patient die Möglichkeit sich zu beschäftigen, indem er liest, Musik hört etc. Die Dauer und Anzahl der einzelnen Sitzungen sowie der Erfolg dieser Behandlung (gerade bei Tauchunfällen), variieren je nach Art und Schwere der Verletzung. Bei nicht akuten Fällen erfolgen meist drei bis vier Zyklen mit O2 à 20-30 Minuten.
Dekompressionsprofile In verschiedenen Publikationen wurde die Meinung vertreten, dass zur schnellstmöglichen Rückbildung von Stickstoffblasen mit hohem Druck gearbeitet
werden sollte. Jedoch ist die zusätzliche Aufsättigung bei Luftatmung und die daraufhin deutlich verlängerte Aufenthaltsdauer in der Kammer zur langsamen Rekompression nach heutiger Erkenntnis eher von Nachteil. Im Verlauf der Behandlungsphase werden vom begleitenden Tauchmediziner laufend die Symptome überprüft und gegebenenfalls Verlängerungen der Phasen vorgenommen. Da bewusstlose Patienten keinen Druckausgleich herstellen können, wird ihnen das Trommelfell vor der Behandlung beiderseits durchstochen. Diese Maßnahme ist nötig,
um einen Trommelfellriss zu vermeiden. Die Perforation wächst innerhalb weniger Wochen wieder vollständig zu! Risiken gibt es wie bei jeder medizinischen Behandlung auch. Hierbei handelt es sich in erster Linie um Barotraumen der luftgefüllten Hohlräume, insbesondere der Nasennebenhöhlen. Ab einer gewissen Zeit (5 Std. unter 2 bar) kann 100-prozentiger Sauerstoff toxische Wirkung haben. Bei Hyperventilation auch früher. Deshalb werden Patienten streng auf
Symptome beobachtet, denn frühzeitig erkannt ist eine O2-Intoxikation reversibel. Wirkung der HBO-Therapie Abgesehen von den schweren Fällen eines Dekounfalls, bei dem sofort Ausfälle bzw. Verletzungen sichtbar sind, treten bei etwa 50 % die Symptome einer DCS bis
innerhalb der ersten Stunde nach dem Tauchgangsende auf, nach sechs Stunden sind bei 90 % der Betroffenen Ausfälle erkennbar. Die restlichen 10 % bemerken Symptome
erst nach einer weiteren Druckentlastung (Flugreise, Passfahrt). Dabei hat die Sauerstoffatmung die Aufgabe, die unterversorgten Gewebebereiche durch die verbliebenen intakten Gefäße mit Sauerstoff zu versorgen, zugleich aber auch den Abbau des eingekapselten Stickstoffs zu begünstigen. Kosten Die HBO ist keine vertragsärztliche Leistung. Außerhalb des Budgets kann der Kostenträger im Einzelfall über die Kostenübernahme entscheiden. Bei Unfällen im Ausland kann nach einer Stabilisierung des Patienten die Rückreise angetreten werden. Bei Flugreisen im Idealfall in der normalen Maschine, um dann am Heimatort in einem nahegelegenen HBO-Zentrum die Behandlung abzuschließen. Aber Achtung: Wird die HBO im Unfallland nicht beendet, zahlt die Krankenversicherung nicht, wird sie jedoch im Ausland beendet, sehr wohl.
Anm: Diesen hervorragenden Artikel habe ich leider nicht selber geschrieben, sondern von der viel zu früh verstorbenen Jessica Brühl vom Taucher.net übernommen und an unwesentlichen Stellen verändert.
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